Natura 2000
Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, wildlebende Tier- und Pflanzenarten sowie die Vielfalt an Lebensräumen in Europa zu schützen. Für den dauerhaften Erhalt dieser wertvollen Schutzgüter werden Natura 2000-Gebiete, auch Europaschutzgebiete genannt, ausgewiesen. Ihnen kommt eine bedeutende Rolle in der Bewahrung der globalen biologischen Vielfalt zu. Vom Atlantik über die Alpen bis ans Schwarze Meer erstreckt sich so ein beeindruckendes und das weltweit größte Netzwerk an Schutzgebieten, das unter dem Begriff „Natura 2000“ zusammengefasst wird.
Zwei EU-Naturschutzrichtlinien
Grundlage für die Ausweisung von Europaschutzgebieten bilden die Vogelschutz-Richtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG). Europaweit sind bislang über 27.300 Schutzgebiete ausgewiesen worden, die sich auf 18 % des europäischen Festlandes und 6 % der Meeresgebiete erstrecken. Gemeinsam bilden sie das ökologische Schutzgebiets-Netzwerk „Natura 2000“, das einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leistet.
Vogelschutz-Richtlinie
Die Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) trat 1979 in Kraft und stellt einen universellen Schutz für sämtliche wildlebenden Vogelarten innerhalb der Europäischen Union sowie einen umfassenden Schutz für ihre Lebensräume, Nester und Eier dar. Besonders gefährdete und auf Veränderungen ihres Lebensraumes sensible Vogelarten sind in Anhang I der VS-RL gelistet. Für diese 193 Arten sowie für alle regelmäßig auftretenden Zugvogelarten, es handelt sich um die sog. Schutzgüter, müssen Schutzgebiete ausgewiesen werden.
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
Die Schutzgüter der seit 1995 geltenden Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) umfassen 231 Lebensraumtypen (gelistet in Anhang I der FFH-RL) und ca. 1.000 Tier- und Pflanzenarten (gelistet in Anhang II der FFH-RL). Lebensraumtypen nach Anhang I sind innerhalb der EU vom Verschwinden bedroht oder weisen ein begrenztes Verbreitungsgebiet auf. Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II gelten aufgrund ihrer Gefährdung, Bedrohung und Seltenheit als besonders schützenswert.
Gebietsausweisung
Die Auswahl geeigneter Gebiete für die Schutzgüter der FFH- und VS-Richtlinie hat auf Grundlage von wissenschaftlichen Kriterien sowie von aktuellen und fundierten Daten zu erfolgen. Es sind die flächen- bis zahlenmäßig geeignetsten Gebiete und Populationen abzudecken, um einen dauerhaften Fortbestand der Schutzgüter gewährleisten zu können. Die ausgewiesenen Europaschutzgebiete müssen die Bewahrung, Entwicklung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes gewährleisten und Verschlechterungen vermeiden. Hierfür sind Erhaltungsziele und erforderliche Erhaltungs- und Bewahrungsmaßnahmen von den Mitgliedsländern festzulegen (beispielsweise in Form eines Managementplanes).
Die zwei Säulen des Naturschutzes
Die beiden Naturschutzrichtlinien regeln neben dem Gebietsschutz mit der Ausweisung von Europaschutzgebieten insbesondere auch den Artenschutz. Im Gegensatz zur VS-RL, welche einen universellen Schutz aller Vogelarten gewährleistet (mit Ausnahme der gelisteten jagdbaren Arten), führt die FFH-RL die strikt zu schützenden Arten gesondert in Anhang IV auf. Für die Arten des Anh. IV der FFH-RL gilt ein strenges Schutzsystem in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet, somit auch außerhalb von Europaschutzgebieten. Verboten sind Fang, Tötung und Störung der Arten sowie jegliche Beschädigung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Zu den Arten, von denen europaweit sämtliche Vorkommen geschützt sind, zählen beispielsweise Biber, Luchs, Großes Mausohr, Laubfrosch, Apollofalter, Sibirische Winterlibelle, Frauenschuh, Sumpf-Gladiole u.v.m.
Naturschutz ist in Österreich Ländersache
Mit Beitritt zur Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die beiden Naturschutzrichtlinien in nationalem Recht zu verankern und umzusetzen. In Österreich fällt der Naturschutz in den Kompetenzbereich der Bundesländer. Jedes Bundesland verfügt über ein eigenes Naturschutzgesetz samt dazugehörigen Durchführungsverordnungen. Ein Naturschutzrahmengesetz auf Bundesebene (wie z.B. in Deutschland) gibt es nicht.
Die Ausweisung eines Europaschutzgebietes erfolgt in Vorarlberg per Verordnung durch die Landesregierung nach § 26 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (GNL). Aktuell sind in Vorarlberg 39 Europaschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 24.132 ha ausgewiesen und entsprechen rund 9,3 % der Landesfläche.