Nisthöhlen für die Dohle
Die Dohle (Coloeus monedula), auch Turmdohle genannt, ist aktuell in Vorarlberg als gefährdet eingestuft. Um die Art zu schützen, wird ein erfolgreiches Schweizer Artenschutzprojekt nun in Vorarlberg weitergeführt. Dabei werden für die Dohle an geeigneten Felsstandorten Nisthilfen befestigt. Zu den ersten Projektgebieten zählen der Schlosshügel und der Kalkofen in Koblach sowie der Hängende Stein in Nüziders.
Die Bergrettung Hohenems befestigt die ersten 13,5 kg schweren Dohlen-Nisthöhlen aus langlebigem Holzbeton an der Felswand © RM Europaschutzgebiete
Bestandsentwicklung der Dohle in Vorarlberg
In Vorarlberg brütet die Dohle vorwiegend im Rheintal und im Walgau. In den 1980er Jahren gab es drei große Kolonien mit je 15-20 Brutpaaren in Götzis an der Ruine Neumontfort, in Koblach am Kummenberg und in Tosters an der Burgruine sowie Kleinkolonien von 2-3 Brutpaaren in Lustenau und bei der Schattenburg in Feldkirch. In den 1990er Jahren erfolgte allerdings eine starke Abnahme und zwei der großen Brutkolonien erloschen vollständig. Gründe dafür waren vor allem der Verlust traditioneller Brutplätze durch Gebäuderenovierungen (z.B. Ruine Neumontfort).
Die etwa taubengroße Dohle ist der kleinste Vertreter der Rabenvögel und erscheint aus der Ferne in einem schwarzen Federkleid. Erst beim näheren Hinsehen reflektiert ihr Federkleid in schillernden Farben. Hinterkopf und Nacken sind silbergrau gefärbt. Ihre hellblauen bis weißen Augen stechen besonders hervor. Bereits im ersten Lebensjahr bindet sich das Dohlen-Paar und bleibt sich ein Leben lang treu. Ab dem zweiten Lebensjahr sucht das Paar nach einem geeigneten Nistplatz. Als Höhlenbrüter nisten sie besonders gern in Gebäudenischen und Mauerlöchern, Kirchtürmen, Dachstühlen und Schornsteinen. Dohlen nutzen aber auch passende Baumhöhlen oder brüten in Felswänden. In der Nähe der Brutgebiete sollten sich Viehweiden, insektenreiche Mähwiesen oder abgeerntete Felder befinden, auf denen sie am Boden nach Nahrung suchen. Als Allesfresser lassen sie sich Würmer, Käfer, Spinnen, Schnecken, Fallobst, Samen und Getreidekörner, aber auch Mäuse, gestrandete Fische und menschliche Abfälle schmecken.
Charakteristisch für die Dohle sind ihre hellblauen Augen und der silbergraue Nacken © Andreas Kirchner
Grenzüberschreitendes Artenförder-Projekt
Dank eines erfolgreichen Artenschutzprojektes auf der Schweizer Rheintalseite, das bereits 2012 ins Leben gerufen wurde, erholte sich der Bestand der Dohle im Raum Oberriet stark und erschloss innerhalb kurzer Zeit auch neue Brutgebiete in Vorarlberg wie am Hängenden Stein oder in Klösterle. Auch die Wahl von ungewöhnlichen Nistplätzen wie den Gewichten an Baukränen in Hohenems und Lustenau weist darauf hin, dass nicht die Nahrungsfindung für die Art der limitierende Faktor ist, sondern viel mehr das Fehlen von geeigneten Brutplätzen. Aus diesem Grund wurde von BirdLife Vorarlberg zusammen mit dem Regionsmanagement Europaschutzgebiete im Rheintal und mit finanzieller Unterstützung durch die Abteilung Umwelt- und Klimaschutz des Landes ein Artenschutzprojekt für die Dohle in Vorarlberg konzipiert, das die Anbringung von Nisthilfen an verschiedenen Felswänden vorsieht.
Die Dohle kehrt als Brutvogel zurück nach Koblach
Die Gemeinde Koblach und die Ortsstelle Hohenems der Bergrettung Vorarlberg haben die Umsetzung des Dohlen-Projekts dankenswerterweise von Beginn an unterstützt und mitgetragen. Bei einer gemeinsamen Begehung mit dem Gemeindemitarbeiter Philipp Zauner (Forst, Landwirtschaft und Umwelt) und Fabian Rüdisser (Ortsstellenleiter Bergrettung Hohenems) sowie dem Schweizer Projektverantwortlichen Roger Dietsche, der Ornithologin Johanna Kronberger (BirdLife) und Petra Häfele (Regionsmanagerin Europaschutzgebiete Rheintal) wurden Felsbereiche am Schlosshügel und im Kalkofen als geeignete Brutstandorte für die Etablierung der Dohle als Brutvogel ausgewählt.
Beratung beim gemeinsamen Lokalaugenschein zur Festlegung der geeigneten Felsbereiche für die Dohlen-Nisthöhlen © RM Europaschutzgebiete
Sorgsame Umsetzung mit der Bergrettung
Bereits Mitte März 2024 rückte die Ortsgruppe Hohenems mit mehr als 10 Mann bzw. Frau an und befestigte die ersten sieben Dohlen-Nisthöhlen am Schlosshügel. Die Nisthöhlen sind aus langlebigem Holzbeton gefertigt und werden mit zwei Haken in der Felswand befestigt. Bei über 13 kg pro Nisthöhle war dies eine besonders anstrengende Arbeit, welche die bestens ausgebildeten Bergretterinnen und Bergretter zügig und sicher durchgeführt haben!
Bereits zwei Tage nach der Befestigung am Schlosshügel in Koblach wurde der Aufwand aller Beteiligten durch die Besiedlung der ersten beiden Nistkästen belohnt! Die Dohlen-Paare sammeln nun bereits eifrig Nistmaterial und werden in den kommenden Wochen hoffentlich die ersten Brutversuche in Koblach seit vielen Jahren beginnen.
Die Bergrettung Hohenems plant die Befestigung der Nisthilfen an der Felswand © RM Europaschutzgebiete
Freiwillige der Bergrettung Hohenems seilen sich zu den geeigneten Felsbereichen ab © RM Europaschutzgebiete
Insgesamt konnten im Frühjahr 2024 sieben Dohlen-Nisthöhlen am Schlosshügel in Koblach befestigt werden © RM Europaschutzgebiete
Und sobald es die Wetterbedingungen zulassen, werden weitere 10-15 Nisthöhlen im Kalkofen in Koblach befestigt. Hierfür wurde ein Felsbereich ausgewählt, in dem weder Kletterrouten verlaufen noch der Uhu an seinem Brutplatz gestört wird. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Grundbesitzerin Agrargemeinschaft Mäder für ihre Zustimmung zu diesem Artenschutzprojekt!
Informationstafeln und Nisthilfen am Hängenden Stein in Nüziders
Der Hängende Stein ist mit ca. 300 Routen ein sehr beliebtes Klettergebiet. Um die Kletter-Begeisterten auf die Brutstandorte der Dohle hinzuweisen, werden in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Nüziders und Ludesch und in Abklärung mit dem Alpenverein drei Informationstafeln aufgestellt. Auf diesen sind die Wandbereiche markiert, wo die Dohlen brüten. Die dort verlaufenden Routen sollten zwischen 15. März. und 15. Juni nicht beklettert werden. Eine Störung während der Brutzeit kann zur Folge haben, dass die Vögel von den Brutplätzen vertrieben werden und ihre Gelege oder die Jungvögel zurücklassen. Aktuell gibt es etwa 15-20 Brutpaare der Dohle am Hängenden Stein.
Die Umsetzungsmaßnahmen am Hängenden Stein sind eine gemeinschaftliche Anstrengung von Respektiere deine Grenzen, BirdLife Vorarlberg, den Gemeinden Nüziders und Ludesch und dem Alpenverein Vorarlberg. Das Anbringen der sieben Nisthöhlen wurde in Zusammenarbeit mit der Straßenmeisterei, der Firma HTB sowie der Firma Berger und Brunner, die im Frühjahr die Felsräumungsarbeiten am Hängenden Stein vornimmt, umgesetzt.
Im Zuge der Felsberäumung konnten die Nisthöhlen am Hängenden Stein befestigt werden © Johanna Kronberger
Wegen des ausgeprägten Spieltriebs der Dohlen werden die schwarzen Schraubbefestigungen an der Vorderseite besonders fest angezogen © Johanna Kronberger
Geschützt unter einem Felsvorsprung werden die Dohlennisthöhen von den Profis der Felsberäumungsfirma befestigt © Johanna Kronberger
Sieben Nisthöhlen am Hängenden Stein stehen den felsenbrütenden Dohlen nun als Brutstandort zur Verfügung © Johanna Kronberger
Weitere sensible Gebiete und felsbrütende Vogelarten in Vorarlberg
Auch an anderen beliebten Klettergebieten in Vorarlberg wie dem Känzele oberhalb von Kennelbach ist während der Frühjahrs- und Sommermonate Rücksichtnahme angebracht. Unter Felsvorsprüngen oder in Spalten brüten seltene Vogelarten wie der Uhu, die Felsenschwalbe und der Wanderfalke. Sportlerinnen und Sportler können im Sinne des Naturschutzes agieren, in dem sie generell Störungen vermeiden, Abstand zu Nestern halten, sich über die Schonzeiten informieren und keine neuen Routen in sensiblen Bereichen erschließen.
Felsen- und höhlenbrütende Vogelarten
Sport- und Freizeitaktivitäten in Felswänden bewegen sich im Lebensraum verschiedener, teils sensibler Vogelarten. Durch gemeinsames Engagement und naturbewusstem Verhalten ist ein Nebeneinander von Mensch und Vögeln auch am Fels möglich.
Weitere Informationen die Natur in Vorarlberg bewusst und naturverträglich zu erleben, bietet die Homepage von Respektiere deine Grenzen.
Nisthöhlen für Dohlen in der Gemeinde Koblach © Bernhard Forti
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